AIB #100
60 DIN A 4 Seiten; €3,50.-
AIB, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin
www.antifainfoblatt.de
Respekt! 100 Ausgaben AIB. Das bedeutet auch 26 Jahre wichtige notwendige antifaschistische Aufklärung. In der aktuellen Ausgabe widmet sich das Autor*innen-Kollektiv dem Verhältnis von Homophobie und der extremen Rechten. Homophobie ist einerseits ein zentraler Bestandteil in der extremen Rechten, andererseits ermöglicht es eine Anschlussfähigkeit in die Mitte der Gesellschaft, in der Ausgrenzung, Anfeindungen und Ablehnung von zumeist männlicher Homosexualität verankert ist. Sei es aus religiösen, aus biologischen oder moralischen Gründen. Homo-, Inter- und Transsexuelle werden zum Ziel rechter Gewalt gemacht, “die sich nicht in die Matrix von Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität einordnen lassen”. Wichtig in der Beschäftigung mit Homophobie ist sich mit der extremen Rechten, als auch mit der Gesellschaft zu beschäftigen, “denn genauso wenig wie Rassismus können Homophobie und Sexismus in der extremen Rechten untersucht werden, ohne die gesellschaftliche Ebene mit in Blick zu nehmen.” Dass es auch schwule Nazis gibt, ist kein Widerspruch in der extremen Rechten, insofern “ihr sexuelles Begehren keine Auswirkungen auf ihre Zuverlässigkeit als »politische Soldaten« habe und sie nicht daran hindere, »richtige« Männer zu sein.” Schwule Nazis müssen in ihrer Argumentationslinie ihre Männlichkeit erklären und rechtfertigen und gleichzeitig unter Beweis stellen.
Innerhalb der extremen Rechten gibt es keine klare Position zu Homosexualität. Während die einen versuchen, sich tolerant gegenüber Homosexuellen zu geben, sprechen die anderen ihre Homophobie klar aus. Gemeinsam ist ihnen, dass Sexismus und Homophobie gerne als rassistische Zuschreibungen gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund benutzt werden.
Ein weitere wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist die fehlende Bereitschaft, homophobe Übergriffe von Rechts anzuerkennen und in einer Statistik aufzunehmen.
Im Einzelnen folgen Artikel zu »Homophobie im Rechtspopulismus«, zur »Familienpolitik von Rechts«, über »Das Kühnen-Papier«, die »Konstruktion männlicher Homosexualität im Nationalsozialismus« und »Homophobie im Maskulismus«, die versuchen, ein Bild über verschiedene rechte Begegnungen, deren Homophobie und Überschneidungen zur sogenannten »Mitte der Gesellschaft« zu zeichnen.
Gesamteindruck:
Das ist dem Autor*innen auch gut gelungen. Allerdings steht die männliche Homosexualität dabei im Vordergrund. Aber auch die voN Robert Claus geschilderte Männerrechtsbewegung und die damit einhergehende “maskulitische Politik” bietet eine “enorme Sprengkraft”. Und immer wieder überschneiden sich bürgerliche und extreme Positionen mit denen der extremen Rechten gegen männliche Homosexualität, die je nach Zielrichtung unterschiedlich mit dem Thema umgehen. Leider hat es das Autor*innen-Kollektiv versäumt, den Blick auch auf internationale Diskriminierung von LGBTs zu richten und den Schwerpunkt auszuweiten. Denn gerade aktuell in Frankreich und Russland häufen sich rassistische Hetze und Anschläge auf Schwule und Lesben. Auch die Rolle der Kirche ist nicht unerheblich, schürt sie doch in Teilen homopobe Denkmuster. Eines ist jedoch ist festzuhalten: die besten Gesetze reichen nicht aus. Die Kluft zwischen rechtlicher Gleichstellung und gesellschaftlicher Intoleranz ist groß. In Polen, Litauen und Bulgarien etwa verurteilen mehr als die Hälfte der Bürger Homosexualität. Diese Denkmuster macht es der extremen Rechten einfach, hier anzuknüpfen und Kräfte zu bündeln. In der Alltagspraxis hat sich das für die extreme Rechte zum Glück noch nicht ausgezahlt. Des Weiteren hätte mich auch ein präziser Blickwinkel vonseiten LGBT-Orgas oder Personen interessiert, inwieweit Homophobie in ihrer Alltagspraxis sichtbar wird und welche Strategien dagegen entwickelt und angewandt werden.
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