BULLENWAGEN KLAUN UND DIE INNENSTADT DEMOLIEREN

   BULLENWAGEN KLAUN UND DIE INNENSTADT DEMOLIEREN
7″+DC/digital
Riot Bike Records
Es ist Zeit für Revolution, Rebellion, Anarchie und andere sinnvolle Freizeitbeschäftigungen. Für Ricco Raw war es mitnichten eine Schnapsidee, als er an einem lauwarmen Freitagabend Richtung Reeperbahn torkelte, sich kaum noch auf den Beinen haltend, um sich mit anderem Gesocks und Halunken zu treffen und die Frage zu erörten: “Was machen wa jezze?” Nun, um sich mal richtig auszutoben, zu prügeln oder die Bullen anzupöbeln gilt nicht nur für Wochenendtouristen die Reeperbahn als bevorzugter und beliebter Ort, die Sau raus zu lassen, sondern auch für die Szenekenner und Revolutionsromantiker*, für die sind die örtlichen Begebenheiten ein Eldorado für chaoswütige Freizeit-Terroristen, die – nur so aus Jux – im besoffenen Kopf einen Bullenwagen klau’n und die Innenstadt demolieren wollen. Im Falle von Ricco endete das mit einer Nacht auf der Davidwache und der Erkenntnis, dass das Wochenende gerade erst angefangen hat und sich am Plan nix ändert. Insofern grüßt nicht nur täglich das Murmeltier, sondern auch wieder die Freunde von der Gehirn Amputierten Szene, die mittlerweile zum Stadtbild dazugehören wie die Yuppies am Hans-Albers-Platz. Und wenn sich die ganze Aufregung gelegt hat, ist es Zeit für Sinnlichkeit und Kultur. Tagsüber, wenn die Sünde Pause macht auf dem Kiez, kehrt im offenen Literaten-Café neben der Kita ein Happening statt und JET SKY trägt in Poetry-Slam-Manier mit improvisierten Piano-Geklimper bei Chai Latte und Wasserpfeife die “Bullenwagen klaun”-Version vor. Und irgendwo aus der Ferne klingt aus einem Bekleidungsgeschäft für Teens mit der Konfektionsgröße XS ein Electrosmasher, der bis weit auf die Flaniermeile hinein dröhnt und dazu motiviert, einen Bullenwagen zu klaun und die Innenstadt zu demolieren. Und ich bin sicher, auch nächstes Wochenende zieht es nicht nur Ricco auf die Amüsiermeile, um sich bestens zu unterhalten und irgendeinen Unsinn zu machen, an den mensch sich am nächsten Tag nur vage erinnert, aber nichts davon bereut.