Im Großen und Ganzen sind Schwule im Medien-Mainstream angekommen: In den meisten Beiträgen wird ihr Normalsein betont, meist in Verbindung mit der Botschaft, dass diese freundlichen, netten Männer in einigen Punkten noch immer benachteiligt werden. Das ist einerseits eine große Errungenschaft der Schwulen- und Lesbenbewegung. Allerdings entstehen so – häufig ungewollt – wieder neue Klischees. Die wichtigen Themen fallen zu häufig unter den Tisch.
Wenn Schwule und Lesben vorkommen, ist ihre Homosexualität oft ein wesentlicher Teil der Geschichte. Der Umstand, dass ein Mensch homosexuell ist – sei es der heteronormativ angepasste Regenbogenfamilienvater oder der exotische Künstler – reicht heutzutage noch für eine Story. Noch in den Neunziger Jahren fanden lesbische und schwule Themen in die Medien nur dann Resonanz, wenn Sex and Crime oder Skandale Auflage versprachen. Vorurteile und Klischees bestimmten Schlagzeilen und Artikel. Die Lebenswelten, die spezifischen Probleme, die rechtliche Diskriminierung spielten keine Rolle.
Aktuelle und moralfreie Informationen zu HIV und Aids, Aktionen zu Gleichstellungsfragen, über Gruppen oder einfach nur über Künstlerinnen und Künstler und ihre Werke, die selbst der Community angehören oder ihr nahe stehen, fanden sich nur in Szene-Magazinen. Meist von Aktivistinnen und Aktivisten gemacht, viele davon mit journalistischem Hintergrund. Im Laufe der Jahre entstanden immer mehr Titel, einige gingen wieder ein, neue kamen hinzu. Die Branche professionalisierte sich.
Auch heute noch entgleitet klassischen Medien sprachlich wie thematisch immer wieder die vorurteilsfreie Berichterstattung. Dennoch gehören lesbische und schwule Themen und Nachrichten zum Mainstream.
So etwa auch die erfolgreiche und populäre Zeichentrickserie DIE SIMPSONS. Diese richtet sich mit ihren satirischen Beiträgen zu politischen und gesellschaftlichen Themen seit mehr als 20 Jahren auch an Erwachsene. Anhand der ersten 500 Folgen hat Erwin In het Panhuis analysiert, wie sich die Simpsons zu schwulen und lesbischen Themen wie der Homo-Ehe positionieren. Erwin interessierte vor allem wie ein Mainstream-Medium mit Homosexualität umgeht.
Eine häufige Behandlung von schwulen und lesbischen Themen im Fernsehen ist schließlich nicht automatisch ein Ausdruck emanzipatorischer Grundhaltung. Erst nach einer Analyse der jeweiligen schwulen und lesbischen Szenen können die eigentlich bedeutsamen Fragen beantwortet werden: Inwieweit werden Klischees eingesetzt und wann auch gebrochen? Haben die Witze über Schwule und Lesben eine innere Sensibilität? Welchen Eindruck vermitteln sie den Zuschauern, und wie werden sie rezipiert? Was verraten die Szenen über den Zeitgeist, in dem sie sich bewegen?
Erwin In het Panhuis hat als Diplom-Bibliothekar (u. a. für den Schwulenverband in Deutschland (SVD, heute LSVD), das NS-Dokumentationszentrum in Köln (Leitung von Bibliothek und Archiv), I & U TV Produktion (Stern TV) und für das Referat für Lebensformenpolitik und gleichgeschlechtliche Lebensweisen beim Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW gearbeitet. Nach “Aufklärung und Aufregung. 50 Jahre Schwule und Lesben in der BRAVO” von 2010 ist “Hinter den schwulen Lachern” das zweite Buch des Autors im Archiv der Jugendkulturen( 1 ).
Mit Deinem Buch über Schwule und Lesben bei den Simpsons hast Du Dich – wie auch schon vorher über die Jugendzeitschrift BRAVO – mit Homosexualität in den Mainstream-Medien beschäftigt. Was motiviert Dich dabei?
Erwin: Bei Mainstream-Medien ist es vor allem der Blick von außen auf Schwule und Lesben, den ich spannend finde. Dieser spiegelt ja auch meistens die gesellschaftliche Sicht wider. Die Simpsons haben sich auch deshalb angeboten, weil hier viele Beiträge über Homosexualität erscheinen und mit einem intelligenten und anspielungsreichen Humor gearbeitet wird. Dies bietet sich für eine nähere Untersuchung gut an.
Geht es Dir dabei „nur“ um das dokumentieren aus wissenschaftlicher Distanz oder bringst Du dich auch persönlich ein?
Erwin: Ich glaube, dass sich jeder Autor irgendwie einbringt und dass es diese wissenschaftliche Distanz, von der oft die Rede ist, gar nicht gibt. Vermutlich merkt man diesem Buch schnell an, dass ich die Simpsons mag, was mich aber nicht davon abhält, auch deutliche Kritik dort zu üben, wo sie angebracht ist. Und da gibt es auch bei den Simpsons einiges.
Gerade in den letzten Jahren hat sich ja im Bereich des Mainstream vieles bewegt. Du schreibst von einem regelrechten “Hype” von schwul-lesbischen Themen in Filmen und Serien?
Erwin: Ja, allerdings ist dieser Hype nur im Unterhaltungsbereich und auch erst seit den 90er Jahren feststellbar. Nur dort sind Schwule und Lesben – man denke auch an Hella von Sinnen und Dirk Bach – angekommen. Ein schwuler Fußballer oder eine lesbische Kriminalkommissarin können von dieser Selbstverständlichkeit nur träumen. Mit einer Krimiserie hätte ich eine solche Untersuchung nicht machen können.
Du schreibst, dass Witze im Kontext von Homosexualität oft nur in Andeutungen und verschleiernden Anspielungen bestehen. Warum wird das so gemacht und führt dies nicht zu unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten?
Erwin: Bei den Simpsons wird Undeutlichkeit regelrecht kultiviert, weil man mit Witzen, die nur von wenigen Zuschauern verstanden werden, eine bessere Zuschauerbindung erreichen kann. Im gleichen Maße, wie ich nicht jeden Witz über Philosophie und Physik verstehen soll, gehen an anderen schwule und lesbische Witze vorbei. Leider besteht zusätzlich auch noch die Gefahr, dass Szenen für sich alleine betrachtet falsch interpretiert werden können, z.B. so als würde man sich über Schwule und Lesben nur lustig machen. In einigen Fällen war es für mich unerlässlich, mehrere ähnliche Szenen miteinander zu verglichen, um hier eine klare Linie zu erkennen. Bei Politik und Medien ergibt sich z.B. eine recht ähnliche Message: Es ist ein generell kritischer Blick auf das System der USA und Schwule und Lesben sind Opfer von Diskreditierungen.
Du schreibst, dass die sexuelle Orientierung der Figuren so flexibel ist, dass sie mal schwul und mal hetero wirken. Führt dies nicht einer Verunsicherung und zu Missverständnissen?
Erwin: In vielen Fällen wirken Szenen nicht durchdacht und stellen sich als vermeidbare Kontinuitätsfehler dar. Das ist ärgerlich. Dazu gehören auch Szenen über die sexuelle Orientierung. Insbesondere Homer ist sehr wandlungsfähig. Er ist mal hetero und homophob, mal offen und aufgeschlossen, mal selbst schwul. Vermutlich soll Homer einfach nur auf einfacher Ebene unterhalten. Er ist auch tatsächlich unterhaltsam – unabhängig davon, ob er durch das Wohnen in einer schwulen WG schwul wird oder hysterisch herumschreit, weil er seinen Sohn von Homosexualität heilen möchte. Der Grund liegt nicht daran, dass er eine Wandlung durchmacht. Der gleiche Status Quo zu Beginn einer Folge wird meistens berücksichtigt.
Können die Simpsons die Einstellung zu Schwulen und Lesben und die Sichtweise auf schwul-lesbische Themen positiv verändern?
Erwin: Ja, aber das erreichen sie zum Glück nicht durch deutliche Pädagogik und einen erhobenen Zeigefinger. Wenn z.B. Marge die Frage stellt: “Wusstest Du, dass jeder US-Präsident ein heterosexueller weißer Mann war?” ist das zunächst nur eine einfache Frage. Erst auf den zweiten Blick versteckt sich dahinter auch eine emanzipatorische Aussage über Schwule, Schwarze und Frauen und eine politisch-subversive Absicht ist erkennbar.
Wie geeignet ist eine Unterhaltungsserie und das Mittel der Satire überhaupt dafür?
Erwin: Es freut mich, dass die Simpsons regelmäßig ein Millionenpublikum erreichen. Das schaffen sie vermutlich deshalb, weil sie in erster Linie eine Unterhaltungsserie sind. Die Serie bietet aber auch gute politische und gesellschaftliche Satire – sei es z.B. in Verbindung mit US-Präsidenten oder der Don’t ask-don’t tell-Richtlinie. In dieser Form wird Kritik am System der USA geübt und ein konstruktiver Lösungsansatz mit guter Unterhaltung verbunden. Bei der inneren Sensibilität der Szenen können dann auch Schwule und Lesben herzhaft mitlachen.
Wie schwulen- und lesbenpolitisch sind denn überhaupt die Simpsons? Welche queeren politischen Ansätze sind erkennbar?
Erwin: Es gibt insgesamt vier schwule bzw. lesbische Folgen. In zwei Folgen geht es um die Homo-Ehe bzw. die Wahl eines schwulen Stadtverordneten. Es gibt auch Folgen, in denen indirekt der Ausschluss von Schwulen und Lesben bei den Pfadfindern oder bei der St. Patricks-Parade kritisiert wird. Mit solchen Szenen spiegeln sie gut einen schwulen- und lesbenpolitischen Zeitgeist wieder. Leider ist z.B. das Asylrecht oder das Pflege- und Adoptionsrecht für Schwule und Lesben bisher kein Thema gewesen. Beim Pflege- und Adoptionsrecht kann das daran liegen, dass zu wenig Schwule und Lesben davon betroffen sind oder das Thema zu kontrovers behandelt wird.
Den Begriff queer kann man meines Erachtens nicht auf die Simpsons anwenden. Dieser Begriff soll ja eine bewusste Erweiterung der engen Grenzen von schwul, lesbisch, bi etc. darstellen. Das Problem ist jedoch, dass sich genau diese Einstellung und diese Vielfältigkeit von Lebensformen nicht bei den Simpsons findet. Die Simpsons arbeiten mit einer einfachen und meistens klischeehaften Zuschreibung: Der Bürgermeister ist korrupt, Homer trinkt Bier, Marge kümmert sich um die Kinder und die meisten Schwulen sind tuntig. Diese vereinfachenden Kategorien passen nicht zu so einem so weiten Begriff wie “queer”, der zwar in der Szene, aber eben nicht bei den Heteros angekommen ist.
Kommen wir zur Darstellung von Sexualität. Wie typisch amerikanisch ist die Sexualität bei den Simpsons? Du schreibst sogar von veränderten Produktionsbedingungen nach der “Nipplegate”-Affäre?
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Erwin: Gerade im Bereich von Sexualität sind die Simpsons typisch amerikanisch. Vieles wirkt irgendwie pubertär: Sexualität ist sehr präsent, aber auch irgendwie angstbesetzt. In einer Szene hat Bart z.B. Angst vor einer rektalen Fiebermessung und seine Schwester Lisa sagt frech zu ihm: Mach einfach die Augen zu und denk an Milhouse – seinen besten Freund. Mit solchen Sätzen ist sogar Analverkehr präsent, ohne dass es dabei aber tatsächlich um gleichgeschlechtlichen Sex geht. Vordergründig – z.B. durch Küsse zwischen Männern – wirkt die Serie zwar sehr offen. Bei genauerer Betrachtungsweise kommt die Serie aber eher prüde daher. Typisch amerikanisch ist z.B. auch die Sexualisierung von Nahrung, wie sie sich u.a. in sexuellen Anspielungen wie Candy, Jolly Ranchers bis zur Hot beef injektion findet. (In Deutschland wird eine solche Einstellung allenfalls durch Redewendungen wie Essen ist der Sex des Alters deutlich.) Die Produzenten weisen zwar mehrfach auf die Nipplegate-Affäre – und die dadurch ausgelösten verschärften Produktionsbedingungen – hin. Die konkrete Einschränkung, dass in neu produzierten Folgen keine nackten Hintern mehr gezeigt werden dürfen, fällt aber selbst bei intensiver Beschäftigung mit der Serie kaum auf.
Wie wird allgemein mit Geschlechterrollen umgegangen?
Erwin: Vordergründig werden Männer und Frauen sehr klischeehaft dargestellt. Marge ist die einfühlsame und emotional ausdrucksfähige Hausfrau. Homer ist der aktive Mann, der einer Beschäftigung nachgeht. Diese Unterschiede als sexistisch zu bewerten, halte ich aber für vorschnell und falsch, weil diese Klischees auch stets hinterfragt werden und Männer und Frauen stets auf Augenhöhe agieren. Mit dem gleichen Ansatz könnte man es ansonsten auch als männerfeindlich ansehen, dass bei den Simpsons (und fast allen anderen Serien) dumme Männer intelligenten Frauen gegenüber gestellt werden. Allerdings finde auch ich es schade, dass die Serie einen spürbar männlichen Blickwinkel hat. Dies wird auch durch die DVD-Kommentare deutlich, wo zwar sehr viele an der Produktion Beteiligte zu Wort kommen, aber mit Yeardley Smith (Stimme von Lisa) immer nur eine Frau präsent ist.
Hat eigentlich die Genderforschung einen Einfluss auf Deine Arbeiten?
Erwin: Mit der aktuellen Genderforschung kann ich nichts anfangen. Aus einer fast ausschließlich weiblichen Perspektive wird sich nur mit sehr theoretischen Fragestellungen beschäftigt und wenn Judith Butler den Berliner CSD als rassistisch bezeichnet, nur weil sie dort keine Schwarzen antrifft, kann ich darüber nur den Kopf schütteln.
Nicht nur Frauen im Allgemeinen, sondern auch Lesben sind bei den Simpsons deutlich unterrepräsentiert. Woran liegt das?
Erwin: In bestimmt 95% aller Szenen über Homosexualität geht es nur um Schwule. Vermutlich liegt dies daran, dass Lesben nach wie vor weniger gesellschaftliche Relevanz unterstellt wird. Themen wie Öffnung der US-Army und Gewalt gegen Homosexuelle sind vermutlich auch eher durch Männer bzw. Jungen darstellbar. Die Männerfixierung wird sich vermutlich dann ändern, wenn das Pflege- und Adoptionsrecht stärker als bisher als Thema aufgegriffen wird. Lesben sind von gleicher oder ähnlicher Darstellung noch sehr weit entfernt. Einen deutlichen Unterschied gibt es z.B. bei gleichgeschlechtlichen Küssen. Mit einem Kuss zwischen zwei Männern kann man wesentlich mehr als mit einem Kuss zwischen zwei Frauen provozieren und man merkt, dass die Serie gerne provoziert.
Kann man in einem Comedy-Format eigentlich auch Witze über sexuellen Missbrauch machen? Es ist zwar ein großes mediales Thema, aber es wird ja als ernstes Thema nicht ohne Grund auch sehr emotional diskutiert.
Erwin: Von den Beiträgen zum sexuellen Missbrauch bin ich positiv überrascht. Es geht dort allerdings weniger um tatsächlichen sexuellen Missbrauch, sondern vor allem um die irrationalen Ängste davor. Die Autoren machen sich über die Menschen lustig, die glauben durch die Vermeidung körperlicher Kontakte einen Missbrauch verhindern zu können. Die Beiträge nicht nur sensibel und unterhaltsam, sondern haben damit auch einen konstruktiven Ansatz. Das ist nicht selbstverständlich. In der Serie Family Guy wird z.B. die Figur des pädosexuellen Herbert auch mit seinen sexuellen Wünschen unreflektiert dargestellt. Diese Form der Darstellung halte ich nicht nur für unangenehm, sondern auch für unangebracht.
Schwul wirkende Jungs wie Martin Prince werden regelmäßig von Stärkeren verprügelt. Wie gelungen findest Du die Darstellung homophober Gewalt?
Erwin: Ich halte es für klug, dass man sichtbare homophobe Gewalt nur unter Kindern zeigt. In einigen Fällen werden in witzigen Kommentaren sogar Erklärungen für die Ursachen von homophober Gewalt geboten. Wenn die kaputte Familie von Nelson zu sehen ist, wird damit indirekt seine Gewalt erklärt, ohne sie damit zu legitimieren. Durch Sprachwitz, eine sensible Einbettung und durch Reflexion ist die homophobe Gewalt, wie sie von Nelson und einem Schlagertrio ausgeht, nicht nur erträglich, sondern sogar unterhaltsam. Andere Unterhaltungsfilme – ich denke da an Asterix und Bud Spencer – bieten nur plumpes draufhauen an.
Kann aber eine Serie nicht auch hier weiter gehen und z.B. zusätzlich konkrete Handlungskonzepte gegen die Diskriminierung und Gewalt bieten?
Erwin: In einer Folge wird Milhouse mit dem Hinweis schwul von Nelson mal wieder in den Magen geboxt. Daraufhin machte in den USA das Gay, Lesbian and Straight Education Network den Simpsons-Produzenten den Vorschlag, dass Nelson „Ich will nicht homophob sein“ an die Klassentafel schreiben muss. Diese Idee finde ich gut. Man muss aber auch berücksichtigen, dass eine Comedy-Serie weder ein Lehrfilm, noch eine Dokumentation ist. Auch eine Comedy-Serie darf nicht alles, aber solange Gewalt nicht bagatellisiert wird, sollte man solche Szenen pädagogisch auch nicht überfrachten.
Gibt es für Dich Themen, die unsensibel oder schlecht behandelt werden?
Erwin: Ein Problem habe ich z.B. mit einer Szene über ein Spar-Seminar. Da wird eine Yacht präsentiert, die billig zu haben ist, weil sie nach Katzenpisse stinkt. Und im gleichen Zusammenhang werden auf dieser Yacht schöne Frauen präsentiert, die früher einmal Männer waren. Die Verbindung aus diesen beiden Äußerungen finde ich nicht komisch, sondern diskreditierend. Ich erwarte nicht, dass jeder Gag einer politischen Korrektheit entspricht oder dass alle Gags über Transsexualität lustig sind und gleichzeitig auch die besonderen Problematiken einer Geschlechtsangleichung berücksichtigen, aber man kann auch von einem Comedy-Format eine durchgehend vorurteilsfreie Darstellung erwarten.
Welche schwulen oder lesbischen Themen fehlen oder kommen bei den Simpsons zu kurz? Was findest du misslungen?
Erwin: Der Bereich HIV und Aids wird leider fast ganz ausgeblendet. Gerade wegen der großen politischen und gesellschaftlichen Relevanz in den USA ist das bedauerlich. Das liegt offenbar daran, dass Matt Groening, der Erfinder der Simpsons, mit seinen Beiträgen zu HIV/Aids unzufrieden ist. Dabei sind eine Szene mit einem CSD-Safer-Sex-Wagen und ein früheres Comic von ihm über HIV sehr gute Beispiele für einen sensiblen und feinfühligen Humor. Übrigens zeigen auch Szenen über Freitod und zu den traumatischen Erlebnissen von Rektor Skinner im Vietnam-Krieg, dass die Simpsons-Produzenten grundsätzlich auch mit ernsten Themen gut umgehen können.
Worüber ich mich am meisten ärgere, sind die vielen unnötigen Kontinuitätsfehler. Die Produzenten sind für mich wahre Meister in Detailfragen und Situationskomik, aber bei größeren Zusammenhängen nehmen sie leider jede Menge Kontinuitätsfehler billigend in Kauf. Vermutlich stört dies aber vor allem die echten Serien-Nerds. Insgesamt betrachtet sind die Szenen über Homosexualität aber vor allem intelligent, fair und unterhaltsam.
Vielen Dank für das Gespräch
Anmerkungen:
(1)
http://shop.jugendkulturen.de/324-hinter-den-schwulen-lachern-9783943774245.html
(2) Bei einem Live-Auftritt im Jahr 2004 wurde „aus Versehen“ die rechte Brust von Janet Jackson entblößt und dies in Anlehnung an Watergate als Skandal hochstilisiert
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