Mit Songs wie “Lenin“, “Kommunisten-Power“ oder “Sowjetmacht“ profilierte sich der Gütersloher Rapper Makss Damage, alias Julian Fritsch, schnell innerhalb der linken Szene, sein Song “Ex die Havanna Club“ gilt sogar als Party-Hymne der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend. Nun jedoch hat der selbsterklärte Stalinist überraschend die Seiten gewechselt – und ist Ende Januar auf einer Nazi-Demonstration in Wuppertal aufgetreten. Deutschland hat somit seinen ersten ernsthaften Nazi-Rapper.
Politischer Seitensprung
Im Interview mit einem rechten Medienportal, dem „Freien Netz Siegerland”, erklärte Makks nun seine Beweggründe für sein überraschendes Umdenken. Während des Gesprächs mit Neonazi-Aktivist Axel Reitz, der neuerdings als Aussteiger Schlagzeilen machte (1), verurteilt er die linke Bewegung, der er selbst jahrelang angehört hatte, als “prinzipienlosen Haufen“, der “wie von Maschinen angeleiert“ sei und in dem es “keine Kameradschaft“ gäbe. “Es herrscht eine kühle Atmosphäre bis zum Gehtnichtmehr, man fühlt sich unwohl und man hat auch eigentlich am Rest der Demo keinen Spaß“, beschwerte sich der Rapper, der sich noch vor zwei Jahren im Rahmen eines rap.de-Gewinnspiels über eine Notorious-B.I.G.-Goldkette für seine Neuinterpretation eines Biggie-Textes freuen durfte.
Zusätzlich entfernte sich Makss immer mehr von der Linken, da er ein scharfer Gegner der antideutschen Bewegung war, die sich gegen einen angeblichen “deutschen Postfaschismus“ wendet und welche die Linke in den letzten Jahren zunehmend unterwandert hat. Schon in einem Machwerk von 2010 mit dem beschreibenden Titel “Tötet diese Antideutschen Hurensöhne“ irritierte er auch Teile der antiimperialistischen Linken mit Zeilen wie “Ich würde eher Adolf Hitler, Heinrich Himmler oder Ernst Röhm als euch links nennen“.
Völlig desillusioniert ging der Rapper anschließend tief in sich und überprüfte seiner eigenen Aussage zufolge, wo er sich denn politisch wirklich verorte. Da es ohne Ideologie für ihn eben nicht geht, erfolgte nun der Wechsel ins rechte Lager.
Bei den Neonazis fühlt sich der Ex-Stalinist auch viel besser aufgehoben. “Ich wurde positiv aufgenommen, von sehr vielen Leuten. Es war ein Wärmegefühl untereinander, eine freundschaftliche Verbindung zwischen den Kameraden“, freut sich Makss mit leuchtenden Augen. “Als wir losmarschiert sind, waren wir eine Einheit, ein Zug!“ Dezidiert politisch erscheint die Agenda des Rappers nicht, betont er doch vor allem das Zusammengehörigkeitsgefühl in der rechten Szene als primären Grund, warum der Lagerwechsel erfolgte. Abgesehen von der kryptischen Aufforderung, sich im Internet zu informieren “und auch mal die andere Seite kennenzulernen“, was geschichtliche Fakten angehe – eine geschickt verschleierte Leugnung des Holocausts -, äußerte sich der Gütersloher nicht zu politischen Themen.
Mit Texten wie “Ich will den Davidstern brennen sehen” sowie der Ankündigung, Giftgas in jüdische Siedlungen leiten zu wollen, hatte Julian Fritsch für einiges Aufsehen gesorgt (2) und sich erst eine Ein-, und nach antideutscher Intervention auch eine Ausladung der antisemitischen Berliner Gruppe
ARAB
(3) eingehandelt.
MaKss Damage leidet indes unter der “Willkürzensur” von youtube-NutzerInnen, die eine Löschung/Sperrung von seinen Videos eingebrockt haben und konsterniert: “Linksgerichtete Tageszeitungen und Radio im Kreis Gütersloh hetzen im Bündnis mit Linkspartei, SDAJ, Polizei, Staatsschutz und Antifa-Gruppen im Wochentakt gegen nationale Gütersloher, MaKss Damage und Rechtsrap im Allgemeinen”.
Im September bekam Julian/Makss ungebetene Gäste. Auf Beschluss des Bielefelder Amtsgerichtes durchsuchten Beamte seine Wohnung in Gütersloh. Im wird „Volksverhetzung“ vorgeworfen. Julian Fritsch und der Bielefelder NS-Rapper “ King Bock ” (4) sollen gemeinsam den Song mit dem Titel “Die Faust geht zum Kopf” produziert, veröffentlicht und zum Download im Internet bereitgestellt haben. In dem Stück, das nach wie vor im Netz auf “Youtube” kursiert (5), wird die Gewalt während der Zeit des Nationalsozialismus’ verherrlicht.
„ Setzte mich für mein Blut und unsere Tugenden ein […] Ich steckte sie alle gemeinsam in den nächsten Zug nach *** […] Die Faust geht bis an die Nase […] Die Faust geht zum Kopf, wie der Beat ins Gehirn […] Ich lasse meinen Namen in den Reichstag gravieren […] Ich trage den Hass in meinem Herzen wie das Steinar-Hemd und ich rappe für mein Land bis mich jeder kennt .“
Bei den Razzien sind laut Staatsschutz diverse Datenträger so wie Geräte zur Musikproduktion sichergestellt worden. Fritsch steht auch im Verdacht, einer der Urheber der Homepage der sogenannten Kameradschaft Gütersloh zu sein. Julian/Makss zeigt sich aufgrund der Durchsuchung „empfindlich gestört“, was seine Arbeiten am neuen Mixtape anbelangt und sieht sich infolgedessen dazu genötigt, eine „Hausdurchsuchungs“-EP mit rassistischen, fremdenfeindlichen Texten zu veröffentlichen, die er dann auch prompt zum kostenlosen Download ins Netz stellen konnte.
Weiteren Gegenwind bekam Julian/Makss im November, als ihn AntifaschistInnen an der Bielefelder Uni geoutet haben (6). Julian Fritsch studiert dort seit dem 8. Oktober Rechtswissenschaften. Unklar ist, ob er daraufhin eine „Outing“-EP veröffentlichen wird.
Fazit:
Ob sich Neonazi-HipHop in Zukunft innerhalb der rechten Szene als neues Musik-Genre wirklich durchsetzen kann, ist momentan schwer einzuschätzen. Einige der Projekte sind erst neu gestartet oder weisen eine eher dürftige mediale Präsenz auf. Der Neonazi „Hatefront“ beschreibt im „Nationale-Revolution“-Forum, noch einmal das aktuelle Ziel des „NS-HipHop“, die Unterwanderung der Jugendkultur. Er fordert seine skeptischen Kameraden auf: „[…] die Strategien neu zu überdenken, zu erweitern und da gehört nun einmal auch das Gebiet dazu wo es viele junge Leute “heranzuziehen” gibt: die HIP-HOP-Kultur…“.
„NS-HipHop“ soll nicht nur der Rekrutierung neuer Anhänger, sondern auch dem „Erhalt“ der Szene dienen – indem mensch sie für Jugendliche attraktiver macht. Um das zu erreichen, setzen die Nazi-Rapper auf kostenlose Downloads, die Songs werden und wurden zum Teil auf die sogenannte „Schüler-CD“ des „nationalen Widerstands“ publiziert. Anstelle von gepressten Tonträger, genügen Aufkleber, Flyer mit Hinweisen auf die Webpräsenz, wo JedeR die Songs kostenlos herunterladen kann. Neonazistische Inhalte im Hip Hop sind kein Tabu mehr. Sie sind ein Instrument und eine „nationale Waffe“ geworden, um extrem rechte Denkmuster in die jugendkulturelle Szene versuchen zu etablieren. Trotzdem die hörbaren Skills-Qualitäten der NS-Rapper schwanken, die Extreme Rechte nutzt die vielfältigen medialen Verbreitungsformen für ihre rassistischen, menschenverachtenden Botschaften und Inhalte und tarnt sich mal mehr mal weniger offen für eine begriffliche Unschärfe, die im Hip Hop vorhanden ist und setzt ganz auf die Klientel, für die rechte Inhalte nur Provokation ist und diese damit verharmlost.
Fußnoten:
(1) Axel Reitz ist bekanntgeworden als „Hitler von Köln“, war die beherrschende Figur der „Kameradschaft Köln“. In SA-ähnlicher Uniform und dekoriert mit SA-Abzeichen drohte er seinen politischen Gegnern, sie würden „eines Tages auf den Marktplatz gestellt und erschossen“. Jetzt soll der mehrfach einschlägig vorbestrafte Neonazi Axel Reitz sich jetzt aus der rechten Szene zurückziehen.
(2) er stand auch schon mal im Verdacht, dass Auto der als antideutsch geltenden Band Egotronic bei deren Gastspiel in Gütersloh angezündet zu haben.
(3)
http://arab.blogsport.de/
(4)
http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/ns-hiphop-king-bock-0454
(5)
http://www.youtube.com/watch?v=6AFQqEkzqtg
(6)
http://de.indymedia.org/2012/11/337339.shtml