OX #106

   OX #106
116 DIN A 4 Seiten; € 4,90.-
Ox-Fanzine, Postfach 110420, 42664 Solingen
www.ox-fanzine.de
Ich gebe Joachim recht, der sich entgegen anderer Meinung für die Berichterstattung “alter” Bands ausspricht und gleichzeitig ein kultiges Abfeiern widerlegt, denn  “alte” Bands  wie  SNUFF, THE DICKS, X, BL’AST, GBH, die im Heft präsentiert werden, haben sicherlich eine gewisse Relevanz und besitzen nun mal einen Erfahrungswert, der genügend Potential und Ansätze für tiefer greifende Gespräche bietet und Punk nicht als Erziehungsmaßnahme erklärt oder regelt, sondern den sozio-kulturellen Aspekt aufgreift und reflektiert. Das funktioniert bisweilen auch sehr gut, solange die Personen auch noch einen Bezug und eine Anteilnahme an bestehenden Strukturen wie Fanzines, Freiräume, DIY-Projekte etc. haben und sich nicht nur auf ihre Lorbeeren und ihre Plattenverkäufe oder Musik ausruhen, beschränken und konzentrieren, sondern im Kontakt und in Bewegung bleiben, sich austauschen und an diesen Strukturen/Netzwerken  beteiligen. Gleichwohl für Joachim offenbar immer zentral die Musik im Vordergrund steht und er sich für die Komponenten Label, Produktion, Diskographie und Einflüsse interessiert, entstehen detaillierte Einblicke und Rückblicke auf Lebensstationen und Randnotizen jenseits der musikalischen Komponente. Michel von VOIVOD ist Künstler, kreiert Tattoo-Vorlagen, Cover und arbeitet an Buchprojekten mit. Gary Floyd von THE DICKS erzählt wie sich jemand sein Bild als Drag Queen tätowiert hat, erzählt detailliert Anekdoten und führt die von Allan MacInnis angeschobenen Gerüchte aus. Gary Flanell nimmt sich “die letzte wahre Punkband” X vor, die sich heute nicht mehr für Punk interessieren und somit lediglich an Verhältnisse erinnern, die sich in ihren Anfangstagen zugetragen haben. Neben der Fülle an vielen Punk-, OI- und HC-Bands gehen Berichte über algerischen HC (DEMOKHRATIA), Molly Gene (One woman Blues Band) leider unter.
Gesamteindruck: Es gibt bei der Fülle an Interviews viel zu entdecken und in dieser Ausgabe gibt es für mich sehr viele interessante Interviews von Leuten und Bands, die – wie anfänglich erwähnt – den retromanischen Charme besitzen und nicht den Blick auf die Bedeutung und den Umgang mit Punk verklären, sondern – zum größten Teil – auch noch in sich spüren und leben.